Freitag, 8. April 2011

Muxia - Finisterre

Mittwoch Abend genoss ich den Sonnenuntergang in Muxia. Am Donnerstag Morgen lief ich los in Richtung Finisterre. Mit drei verschiedenen Karten (ich frag mich wer die gemalt hat und was die Zeichner davor getrunken haben - die Karten wiedersprechen sich selbst) versuchte ich den Weg zu finden was sich als Herausforderung darstellte. Und auch die Zeichen am Wegesrand waren nicht immer eindeutig. Ich glaub ich bin ziemlich im Salat umhergelaufen aber immerhin wusste ich dass die Richtung stimmt (nach Sueden). Unterwegs fruestuecke ich an Nemina an der Kueste - in einem kleinen Holzboot sitzend - meine Bananen und leckeres Frischkaesebrot.
Von Muxia nach Fisterre sind es etwa 30 Kilometer (da wollte ich mich ja nicht unbedingt noch zusaetzlich verlaufen ;-)) + zusaetzlich verlaufene Kilometer + der Weg ans Kap und zurueck + an den Strand und zurueck = etwas ueber 40 gelaufene Kilometer an einem Tag.
Wow bin ich stolz :-)
Ich hab mich vor der Reise gefragt, ob ich das schaffen koennte und nachdem ich mich von dem Gedanke schon verabschiedet hatte, "lief" es einfach so und von alleine.
Gestern Abend bzw. Nacht war ich sowas von ueberdreht - ich konnte kaum Ruhe finden und waere am liebsten ewig weitergelaufen (und das sagt ein Coachpotato).

In Fisterre traf ich gestern Ursel wieder - ich freute mich sehr, ist ja schon eine Weile her seit wir uns gesehen haben. Wir liefen gemeinsam ans Kap und sahen uns den Sonnenuntergang an und verbrannten mit ein paar anderen Leuten zusammen jeweils ein Kleidungsstueck. Das ist Brauch hier - das alte Leben wird abgeschlossen, ein Neues angefangen.

Und nachher laufe ich gleich an den Strand und nehme ein Bad - auch das ist Brauch. Nach der langen Pilgerreise wuschen sich die Pilger seit jeher im Meer. Ist ja auch Zeit nach fuenf Wochen schwitzen ;-)))

Vor Santiago

Samstag bis Dienstag bin ich mit Anu aus Kanada unterwegs. Sie ist Aerztin von Beruf und gibt mir wertvolle Tipps gegen meine Fussprobleme. Fie aus Daenemark erklaert mir, wie ich die Wanderschuhe besser binden kann ("Die Schuhe und du sollen eins werden"). Haette ich das alles nur schon frueher gewusst ;-)
Meine Fussprobleme werden von Tag zu Tag weniger.
Anu laeuft am Dienstag Nachmittag noch nach Santiago. Ich entscheide mich in Monte do Gozo (Berg der Freude) zu bleiben um am Mittwoch Morgen ganz entspannt die letzten 5 Kilometer nach Santiago hineinzulaufen. Es ist ein schoenes Gefuehl, wenn man von Monte do Gozo aus zum ersten Mal auf Santiago blicken kann.

Mittwoch Morgen laufen Andre, Edgar und ich gemeinsam in die Stadt. Um 12 Uhr gingen wir zur Pilgermesse und ich bin anschliessend weiter mit dem Bus nach Muxia an die Atlantikkueste.

Mittwoch, 6. April 2011

Santiago de Compostela

Heute Morgen bin ich endlich nach 520 gelaufenen Kilometern in Santiago angekommen. Ich bin total gluecklich darueber - vor allem weil ich vor einer Wochen wegen meiner Fussschmerzen noch dachte, dass ich die Reise abbrechen muesste. Und nun ist es von Tag zu Tag immer besser "gelaufen". Bin gerade mit dem Bus in Muxia am Atlantik angekommen. Morgen habe ich noch 30 Kilometer Atlantikkueste vor mir bis nach Finisterre (ans Ende der Welt). Und nachher den Sonnenuntergang :-)

Mir geht es sehr gut hier :-)

Sobald ich Zeit habe, erzaehle ich euch mehr ueber die Erlebnisse der letzten Tage. So, nun muss ich aber loslaufen auf den Berg, damit ich nen guten Platz fuer den Sonnenuntergang habe ;-)

Samstag, 2. April 2011

Wie es weiterging...

Nachdem ich zuletzt Dienstag von der Bar aus geschrieben hatte, habe ich mich noch die restlichen 3,5 Kilometer nach Triacastella geschleppt. Es war furchtbar. Ich hatte hoellische Schmerzen in den Fuessen, es regnete, ich konnte nirgends hinsitzen und musste immer wieder in die Hocke gehen um meine Fuesse zu entlasten. Dann waere ich dabei beinahe nach hinten in den Dreck umgefallen und dann war ich schrecklich wuetend und verzweifelt. Traenenreich kaempfte ich mich die letzten Kilometer nach Triacastella - langsam wie eine Schnecke. Triacastella ist kein grosser Ort, zieht sich jedoch ziemlich in die Laenge. Endlich im Ort fand ich dann einen trockenen Platz an dem ich kurz Rast machen konnte. Dann bin ich wieder weiter und ploetzlich sehe ich zwei Maenner winkend auf mich zulaufend. Edgar & Andre - zwei Schweizer die ich die letzten Tage immer wieder getroffen habe. Ich war so froh sie zu sehen. Es war so lieb - die beiden haben sich den Nachmittag ueber Sorgen gemacht und sich gefragt, wo ich wohl bleiben wuerde und haben dann beschlossen, mir entgegen zu laufen. Sie haben mir den Rucksack und die Stoecke abgenommen und wir sind dann zur Herberge gelaufen. Essen haben sie auch schon eingekauft (auch fuer mich) und dann habe ich ein Bad genommen (ja, die erste Badewanne die mir ueber den Weg gelaufen ist), waehrend die Beiden zur Apotheke sind um ein paar Dinge zum Verarzten meiner fiesen Fussblase zu holen. Das ist so schoen hier auf dem Jakobsweg: Man begegnet fremden Menschen und erlebt so viel Hilfsbereitschaft, Achtsamkeit und Fuersorge.

Am naechsten Tag will ich wieder laufen - barfuss ging das auch noch, doch kaum stecke ich in den Wanderschuhen brennen meine Fuesse so arg, dass ich mich fuer einen Tag Pause und Taxifahrt entscheide (es fuhr nur ein Bus am Tag und der war schon fort). In Sarria angekommen gehe ich einkaufen (neue, bessere Schuheinlagen und Essen). Die Herberge ist wunderschoen - mit parkaehnlichem Garten, Dachterrasse, grosser Feuerstelle und in einem herrschaftlichen Haus. Abends koche ich fuer Andre, Edgar und mich. Meine Fuesse tun immer noch weh - einkaufen und in der Kueche stehen sind fuer den Tag genug. Abends sind meine Fuesse dann noch so sehr angeschwollen, dass ich davon ausgehe, das Wandern nun ganz abbrechen zu muessen.
Wir verbringen einen schoenen Abend, der Hospitalero macht ein Feuer und versorgt uns grosszuegig mit Likoer.

Wieder erwarten habe ich Donnerstag Morgen leichte Fuesse. Ich verabschiede mich von Andre und Edgar - sie laufen heute nach Portomarin und 23 Kilometer sind mir zu weit. Ich beschliesse einfach loszulaufen - soweit mich die Fuesse tragen. Die Umgebung wird immer schoener. Es geht bergauf, vorbei an saftigen huegeligen Weiden die mit Steinzaeunen umgeben sind. Wahnsinnig idyllisch. Baeche, Fruehlingsblumen, Sonnenschein... wunderschoen. Vorbei an einem Gedenkstein. Vor einem halben Jahr ist Georg hier verstorben. Ich kennen ihn nicht - aber ich habe ja nun Zeit und es nicht eilig und so pfluecke ich ihm ein paar Blumen. Nach 14 Kilometer komme ich oben in Ferreiros an. Ich entdecke einen Liegestuhl auf einer Wiese und fuehle mich wie im Himmel. Abends sehe ich mir den traumhaften Sonnenuntergang an und danach esse ich mit Margret, Gerd, Toni und mit Ole aus Daenemark.

Freitag war wieder ein wunderschoener Tag. Es beginnt mit einem wunderschoenen Sonnenaufgang, ich laufe durch Waelder, vorbei an Bluemen und bluehenden Straeuchern, Landluft und ich sehe stundenlang keinen einzigen Pilger. Erst am Nachmittag ueberholt mich ein Muenchner der mir ein Croissant schenkt. Nachmittags komme ich in der Herberge an und stellt euch vor - die haben einen Behindertendusche (hab ich mir vor ein paar Tagen herbeigeseht). Nicht dass ich das unbedingt braeuchte... aber wenn die Fuesse weh tun, ist es einfach wundervoll unter der Dusche zu sitzen.
Abends esse ich gemeinsam mit Fabio aus Italien und Anna aus Prag.

Heute Morgen fruehstueckte ich mit Anna. Wir haben uns ganz nett unterhalten, dann liefen wir los. Anna laeuft sehr schnell uns so verabschiedeten wir uns. Ein paar Kilometer spaeter - Am Kilometerstein 78.1 (Kilometer bis Santiago) ist ein Zettel eingeklemmt. Eine Nachricht? Fuer mich? Ja, fuer mich! Anna hat dort eine nette Nachricht fuer mich hinterlassen ueber die ich mich sehr sehr freue. Es gibt immer wieder allgemeine Nachrichten (z. B. You'll never walk alone) und ganz selten persoenliche Nachrichten - und dass ich eine persoenliche Nachricht bekommen wuerde - damit hatte ich nicht gerechnet. Ich bin sehr geruehrt.
Spaeter mache ich Mittagspause und Anu aus Kanada fraegt mich ob ich mich zu ihr setzen will. Mit ihr laufe ich nun die restlichen 8 Kilometer des Tages.

Es geht mir im Moment sehr gut und ich bin dankbar fuer die schoenen vergangenen Tage und die Erlebnisse auf dem Weg. Seit ich beschlossen habe, dass nicht die zurueckgelegten Kilometer zaehlen und ich mir Zeit lassen werde und die Erlebnisse und Begegnungen auf dem Weg das sind was wirklich zaehlt - seither geht es meinen Fuessen besser. Am Montag werde ich mich in Santiago mit Birte und Manuel treffen. Ich werde den Weg nicht mehr ganz zu Fuss gehen. Aber das ist ok fuer mich. Was fuer mich nun zaehlt sind die Begegnungen und die Menschen :-)
Und darueber bin ich sehr gluecklich.

Obwohl ich eigentlich alleine unterwegs bin, hatte ich schon lange nicht mehr so viel Gesellschaft bzw. noch nie so viel Gesellschaft wie hier. Vor meiner Reise dachte ich "hoffentlich sehe ich mal jemand". Das hier ist das Gegenteil von Einsamkeit. Und wenn man alleine unterwegs ist, dann lernt man staendig neue Menschen kennen - und das ganz international. Ganz viele Menschen mit ganz interessanten Lebenslaeufen.
Ich denke ueber alte Urlaube mit Partner nach - hier habe ich keinen obligatorischen Urlaubsstreit, keine Langeweile, kein Anschweigen, keine Erwartungen oder nicht mehr Wissen was sich erzaehlen... Ich fange an dass Single-Sein zu lieben und werde bestimmt noch oft alleine in Urlaub fahren. Bestimmt bald auch wieder nach Spanien um die Wege zu gehen, die ich Fusstechnisch nicht gehen konnte.

Liebe Gruesse aus Spanien

Dienstag, 29. März 2011

Schmerz und Frust

Ich mache gerade eine Pause in einer Bar. 17 Kilometer bin ich heute gelaufen und 3,5 habe ich noch vor mir. Morgens ging es recht gut als es steil bergauf ging - ich haette nie gedacht, dass ich bergauf laufen irgendwann lieben wuerde. Dann ging es einige Zeit eben und nun bergab. Zusaetzlich zu den Schmerzen in der Ferse habe ich nun noch eine fiese, schmerzende Blase an der rechten Ferse bekommen. Bin gerade total frustriert. Fuer meine Fuesse waere es wohl das Beste ich wuerde eine Woche nicht laufen. Aber dann hab ich nichts zu tun ausser lesen, Tagebuch schreiben und Musik hoeren. Da faellt mir ja die Decke auf den Kopf. Und dann kann ich Nachts nicht schlafen - das hatte ich schon und das nervt mich richtig. Ich wuerde so gerne Laufen bis zur Erschoepfung - dann schlafe ich hinterher immer so schoen tief. Meine Fuesse tun gerade alles um nicht laufen zu muessen. Die wollen wohl nicht ankommen und auch nicht mehr nach Hause. So, jetzt esse ich erst mal Apfelkuchen damit ich fit bin fuer die restlichen 3,5 Kilometer.

Samstag, 26. März 2011

Pictures

Warm eingekuschelt in meine Muetze:

Durch die spanische Meseta - wo das wohl hinfuehrt?


Ganz erschoepft, aber gluecklich - der erste Tag in meinem Leben an dem ich 32 Kilometer gelaufen bin (im Hintergrund seht ihr Birte und Manuel):

Leider kann ich hier am PC die Bilder nicht verkleinern - daher muesst ihr euch noch etwas gedulden - sobald ich die Moeglichkeit dazu habe gibt es mehr!

Hinkebein

Gestern bin ich noch so 10 Kilometer bergab gelaufen - was recht gut ging (vermutlich auch dank der Schmerzmittel). In der Ebene ging dann gar nichts mehr. Meine Laufgeschwindigkeit hat sich in etwa halbiert (normal sind etwa 4 Stunden fuer 20 Kilometer) - ich komme kaum vom Fleck und watschle wie ein Pinguin. Ich habe Probleme mit beiden Fuessen hinten am Fussgelenk - vermutlich eine Sehnenscheidenentzuendung oder so.
Gestern bin ich dann zur Bushaltestelle um den Rest bis Ponferrada mit dem Bus zu fahren. Dort ist gleich ein Rentner aufgesprungen um mir seinen Platz anzubieten. Das war echt suess und lieb von ihm - ich war wirklich froh, hinsitzen zu koennen.
Ich bin schon traurig darueber, dass die Fuesse nun gerade nicht so wollen wie ich will. Aber so ist es nun halt und daher hab ich beschlossen (nachdem ich nun schon seit fast einer Woche Schmerzen in den Fuessen habe) mindestens zwei Tage Pause einzulegen um meine Fuesse zu schonen. Und nachher bekomme ich noch eine Fussmassage :-)
Ich hoffe, dass die Fuesse dann bald wieder fit sind und ich wieder weiterlaufen kann.
Als ich gestern in einem Cafe sass und traurig war, weil ich nicht richtig laufen kann, lief ein Mann mit einem ganz verdrehten Fuss vorbei. Da hatte ich ein schlechtes Gewissen weil ich mich ja schon ein wenig bemitleidet hab und dabei ist es ja nur ein voruebergehendes und kein dauerhaftes Problem wie bei dem Mann.
Das erinnerte mich an das Zitat:
"Ich war traurig weil ich keine Schuhe hatte - bis ich jemanden traf der keine Fuesse hatte."

Hier hat fast jeder Pilger so seine Wehwechen. Die einen mehr, die anderen weniger. Ich dachte ja, dass man nach vier Wochen fit und gesund ankommt (bei soviel Bewegung und frischer Luft). Aber jeder hat so seine Schwachstellen und es haette auch schlimmer kommen koennen. Ole hat vorgestern wieder Fieber und Magen-Darm-Probleme bekommen. Er wird seine Reise nun vermutlich ganz abbrechen.

Gestern hab ich mir in Ponferrada noch die Templerburg angesehen. Wunderschoen! Fotos folgen...

Liebe Gruesse
Simone

Donnerstag, 24. März 2011

Berge & Schneeregen

Liebe Gruesse aus El Acebo. Die letzten beiden Tage bin ich nun endlich alleine gelaufen. Nun - nicht ganz alleine: Es waren jede Menge Regentropfen bei mir und Schneematsch, Pfuetzen und ein wenig Wind und ganz viel Nebel. So bin ich durch eine manchmal mystisch erscheindende Welt gestapft. Heute war ich dann endlich am Cruz de Ferro - einem bedeutungsvollen Ort auf dem Berg oben wo die Pilger seit hunderten von Jahren Steine ablegen die sie von zu Hause mitgebracht haben (symbolisch um Lasten abzulegen). Es ist ein sehr grosser Steinhaufen mit einem Eichenbalken drauf und ganz oben einem kleinen Eisenkreuz.
Spaeter ging es weiter auf Wegen, die teilweise schon eher kleinen Baechen glichen. Anfangs bin ich den Wassermassen noch ausgewichen. Irgendwann war es jedoch zu spaet und meine Fuesse platschnass und kalt. Gott war ich da froh, als ich endlich in dem kleinen Mini-Ort Manjarin angekommen bin. Tomas (er ist wohl so eine Art Tempelritter) hat dort eine kleine Huette in der man gegen Spende etwas zu trinken bekommt. Ich habe mich dort erst mal vor dem Feuer aufgewaermt. Die Huette war genial - sowas will ich auch mal: Circa 6x6 Meter gross mit Kueche, offenem Kamin, langer Tafel mit zwei Baenken, Sofa, Arbeitsplatz und oben drueber ein Matratzenlager. Ganz urig. Einfach genial!!!
Ich habe mir frische Socken angezogen und Plastiktueten darueber. So blieben wenigstens die Fuesse trocken.

Danach ging es noch weiter bergab nach El Acebo. Das bergauf und bergab laufen ist fuer meine Fuesse super. Nur in der ebene tut das Laufen weh. Morgen geht es noch weiter bergab :-)

Und jetzt gehe ich zu Josefines Dorfladen. Hoffe dass der auf hat - das ist hier naemlich nicht garantiert ;-)

Liebe Gruesse
Simone

Montag, 21. März 2011

Die Fuesse

Hallo Ihr lieben Blogleser,

die letzten Tage hatte ich ein paar gesundheitliche Probleme. Vorgestern Magen-Darm und seit drei Tagen Probleme mit den Fuessen - ich denke es ist das Sprunggelenk. Jeder Schritt schmerzt und an huepfen oder rennen waere in dem Zustand gar nicht mehr zu denken. Daher werde ich Morgen einen Tag Pause einlegen und mir die Stadt Astorga ansehen.
Ich denke nach einem Tag Pause muesste es wieder gehen - hoffe ich jedenfalls. Nach Astorga kommen dann endlich die Berge worauf ich mich schon sehr freue.

Gestern kam zu unserer Dreiergruppe (immer noch Birte, Manuel und ich) noch Tobias hinzu. Es war total interessant mit den Dreien. Birte und Manuel studieren Umweltwissenschaften und Tobias Psychologie. Da wurde es nicht langweilig. Thema war unter anderem der SuperGau in Japan. Wir bekommen hier ein wenig was mit, jedoch nicht allzu viel. Abends ist man oft zu muede um sich noch viel darueber zu informieren.
Von den Dreien hab ich mich heute verabschieden. Nach 15 Kilometern wollten meine Fuesse nicht mehr und die anderen hatten 30 Kilometer geplant. Der Abschied fiel mir dann richtig schwer, mit Birte und Manuel war ich immerhin fast 2 Wochen lang unterwegs. Wir wollen uns in zwei Wochen in Santiago wieder treffen wenn alles klappt. Und in den hohen Norden haben die Beiden mich auch eingeladen.
Ein lachendes und ein weinendes Auge. Einerseits hat es soviel Spass gemacht mit den Beiden - andererseits wollte ich aber auch mal noch alleine Laufen - die Erfahrung will ich auch noch machen. Und so ist es vielleicht ganz gut, dass es so kam - "freiwillig" und ohne Fussschmerzen haette ich mich noch schwerer zu einem Abschied durchringen koennen.

Vor zwei Tagen habe ich Ole einen Apfel und Banane geschenkt und ihm nen Tee gekocht nachdem er auch mit Magen-Darm-Problemen und Fieber im Bett lag. Nun haben wir uns heute in der Herberge wiedergetroffen und er kocht nun gerade fuer uns ein Vier-Gaenge-Menue. Ich bin ja mal total gespannt... hab auch gerade einen Baerenhunger. Das ist doch wirklich nett :-)
(Vor allem hatte ich urspruenglich fuer mich eine einfache Bohnensuppe aus dem Glas geplant - welch gute Wendung!)

Bis zum naechsten Mal.
Liebe Gruesse
Simone

Freitag, 18. März 2011

Manzilla de los Mulas

Guten Abend Ihr Lieben,

viele Gruesse aus Manzilla de los Mulas. Morgen wandern wir weiter nach Leon und sind somit wieder in einer groesseren Stadt.
Die letzten Tage waren wir hier am Ende der Welt unterwegs. Hier gibt es jede Menge Geisterdoerfer in denen der Friedhof staerker besiedelt zu sein scheint als die Doerfer selbst. Das gestaltet sich manchmal etwas schwierig - vor allem wenn man etwas zu Essen kaufen will und die Laeden entweder kaum auffindbar sind oder kaum etwas verkaufen. Da ist jeder Tante-Emma-Laden ein Shopping-Paradies ;-)
Es gibt hier jede Menge eingefallene Lehm-Haeuser, die aber auf Ihre Art auch wieder einen ganz eigenen netten Charme verspruehen. Und so wie ihr mich kennt, wisst ihr, dass ich in Gedanken immer ueberlege wie man die wohl renovieren und aufpeppen koennte ;-)

Ihr wollt bestimmt Fotos sehen - aber damit werdet Ihr euch vermutlich noch gedulden muessen, bis ich wieder nach Hause komme. Die technischen Moeglichkeiten sind hier immer recht bescheiden. Aber die Fotos sind super - es lohnt sich zu warten ;-)

Die letzten 12 Tage bin ich insgesamt 267 Kilometer weit gelaufen. Sind im Schnitt so 22 km am Tag - ich liege also gut in der Zeit und wenn alles gut so weiterlaeuft, werde ich es noch nach Finisterre schaffen.

Am vergangenen Samstag bin ich zum ersten Mal in meinem Leben ueber 30 Kilometer gelaufen (32.4 km). Ist ja nicht so, dass ich mich darum freiwillig reissen wuerde. Aber was will man machen, wenn man 20 Kilometer gelaufen ist und dann die Herberge zu hat und man zur naechsten muss. Das war richtig hart.... Aber dank guter Reisebegleitung hatten wir trotzdem unseren Spass. Wir koennen alle drei nicht singen, fingen aber sogar schon an eigene Lieder zu texten (aus Mangel an Texten die wir kennen ;-)).
Abends in der kalten Herberge mit kaltem Wasser (brrrrr....) hab ich mich gefreut wie eine Schneekoenigin. War total stolz auf mich und supergluecklich soweit gelaufen zu sein.

Am vergangenen Sonntag waren wir in einer Bar in Castrojeriz. Der Wirt war superstolz auf den Gaestebucheintrag den Hape Kerkeling im Juni 2001 hinterlassen hat - hat er uns dann gleich gezeigt.
Unser Motto hier: Der Weg ist das Ziel.
Heute stand treffend an einer Wand in einer Bar: "Die Bar ist das Ziel" - ja das koennte auch unser Motto sein. Wir kommen fast an keiner Bar vorbei ohne Kaffee, heisse Schokolade oder Tortilla zu bestellen. Die Preise sind wirklich human und recht guenstig. Tortilla+Schokolade kosten ungefaehr 2,50 Euro und eine Uebernachtung etwa 5 Euro.

Die Uebernachtungsmoeglichkeiten sind recht unterschiedlich. Von schicker supermoderner Herberge, ueber kleine familiaere Herbergen bis hin zu ganz kalten, dreckigen und gruslig feuchten und schimmligen alten Gebaeuden. Es ist alles dabei - immer wieder ein Abenteuer. Gestern Abend waren wir zum ersten Mal in einer Herberge mit Schwedenofen. War das schoen, als das Feuer endlich brannte und es nach und nach gemuetlich warm wurde.

Heute war ein ganz harter Tag. Von heute Morgen weg taten mir die Fuesse hoellisch weh. Und als nach 18.5 Kilometern endlich endlich die erste Bar kam und die dann auch noch richtig gemuetlich und nett war, war ich mehr als gluecklich. Ich glaube nach meiner Rueckkehr nach Deutschland muss ich erst wieder "re-integriert" werden. Hier auf dem Jakobsweg ist es normal, dass man die Socken und Schuhe auszieht, am Tisch die Blasen versorgt etc. ;-))
Irgendwie ganz normal hier.

Ja, es gibt Tage da "laueft" es super und an anderen zieht man schon Morgens die Beine hinter sich her. Aber im Grossen und Ganzen kann ich mich nicht beschweren. Ich habe keinen Muskelkater mehr und keine Gelenksprobleme. Ausserdem nur eine einzige fast verheilte Blase. Nur die Fuesse brennen manchmal.

Die letzten Tage sind wir hier in der spanischen Meseta unterwegs. Die Wege sind recht eintoenig und es ist ziemlich flach hier. Nach Leon soll es aber bald wieder etwas aufregender werden.

Schoen ist, dass die Pilger immer wieder Nachrichten fuereinandern hinterlassen. Zum Beispiel Herzen aus Stein am Wegesrand oder Schriftzuege wie "You´ll never walk alone". Vor zwei Tagen haben wir in der Kueche aus den Buchstaben der Buchstabensuppe Nachrichten geschrieben: "Guten Weg", "Buen Camino" und mehr in verschiedenen Sprachen.

In der Kueche herschte ganz besonderes Flair. Eine kleine ganz einfache Kueche - staendig ging die Tuere auf und zu, immer wieder kam jemand neues rein und es wurden mindestens sechs Sprachen (englisch, deutsch, russisch, spanisch, franzoesisch und italienisch) gesprochen. Und es roch himmlisch nach angebratenen Zwiebeln, Pasta und Tomatensauce.

Die meiste Zeit bin ich mit Birte und Manuel unterwegs. Wir haben in etwa das gleiche Lauftempo und haben es sehr lustig zusammen. Unterwegs treffen wir aber immer wieder auf andere Leute - aus der Slowakei, Polen, Schweiz, Deutschland, England, Russland, Spanien, Italien etc... es bleibt spannend. Wir sitzen zusammen, unterhalten uns, kochen zusammen und haben es lustig.

Mit wie wenig man zufrieden und gluecklich sein kann....
Hier freue ich mich Abends auf Essen und Bett, bin angenehm erschoepft, schlafe tiefer, bin begeistert von den Eindruecken des Tages, geniesse die internationale Geselligkeit, wir teilen - egal ob Essen, Verbandmaterial oder Getraenke, freue mich ueber eine warme Dusche (vor allem wenn die letzte kalt war). Meine Wanderhose wird von Tag zu Tag schmutziger, Styling und luftiges Haar sind hier Fremdwoerter. Ich fuehle mich wohl mit meiner kuschligen Muetze auf dem Kopf, die Kleider sind einfach und bequem, das Essen ist einfach - aber abwechslungsreich.
Es ist schoen hier.

In der Bar heute stand ganz nett und treffend an der Wand:
" My backpack is heavy,
my feet are blistered
and my heart is light."

Bis zum naechsten Mal,
liebe Gruesse
Simone